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Channel: Kommentare zu: Rosa Luxemburg steht für einen radikal demokratischen Rätesozialismus
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Von: Michael Schilwa

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Dass die “sozialistische Demokratie” für die nicht-/nach-stalinistische Linke ein “erstrangiges strategische Problem” ist, hat niemand bestritten – ich schon gar nicht und nicht mal DGS.
Worum es geht, ist Tinos Luxemburg-Interpretation.
“Seriöses” Zitieren heisst u. a., “die zitierten Stellen in Verbindung zur damaligen Situation und Debatte (zu stellen).”
Wohl war, aber leider sind die größten Kritiker der Elche öfter selber welche.
Tino weiß ganz genau, dass das Luxemburg-Fragment “Zur russischen Revolution” im Breslauer Knast geschrieben wurde – auch wenn die eine oder andere deutsche oder russische Zeitung in die Zelle geschmuggelt wurde, dürfen wir davon ausgehen, dass Rosa keineswegs über alle Informationen verfügte und v. a. auf persönliche Berichte angewiesen war.
Er weiß auch, dass dieses Fragment nie abgeschlossen oder überarbeitet wurde und erst 1922 von Paul Levi (in der heutigen Fassung erst 1928) veröffentlicht wurde.
Warum?
Wohl kaum, weil Rosa zu schüchtern war oder keine Publikationsmöglichkeiten besaß.
Schon eher, weil sie in den gut 2 Monaten zwischen Haftentlassung (Nov. 1918) und Ermordung (Jan. 1919) anderes zu tun hatte.
Und immerhin möglich wäre doch, dass sie das Problem nochmal überdenken wollte,
Auf dem KPD-Gründungs-Parteitag erlärte sie am 31.12.1918 erklärte sie jedenfalls:

” …wir sollten es nie vergessen, wenn man uns mit den Verleumdungen gegen die russischen Bolschewisten kommt, zu antworten: Wo habt ihr das ABC Eurer heutigen Revolution gelernt? Von den Russen habt Ihr’s geholt: die Arbeiter- und Soldatenräte.”

Aber auch die Schrift selber gibt die “Tino-Luxemburg-Interpretation” nicht her.
Die “Generallinie” ist nicht “Diktatur versus Demokratie”, sondern “Diktatur der KLASSE (Hervorhebung im Original, MS), nicht einer Partei oder Clique…”
Gleichwohl gibt es dort ernsthafte Kritik an Lenin, Trotzki & Co. – etwa die an der Auflösung der Konstituante im Jan. 1918.
Aber teilst du diese Kritik (“Sowohl Sowjets als Rückgrat wie Konstituante und allgemeines Wahlrecht”)?
Ich jedenfalls kann mir keine dauerhaft-friedliche Koexistenz zwischen Parlament und Räten vorstellen.

Tino meint, es zählen mehr die Taten und weniger die Worte.
Und Lenins Praxis sei nunmal eher autoritär geprägt und die von Luxemburg eher libertär.
Auch das Argument haut nicht hin, wenn etwa das durchaus “rustikale” Vorgehen Rosas in der polnischen sozialdemokratischen Partei betrachtet wird.

Ein Wort zum Verbot der ‘Sozialrevolutionäre’:
Klar, aus heutiger Sicht ein Fehler. Aber ein halbes Jahr später gab es das Attentat auf Lenin, was das Verbot nicht nachträglich rechtfertigt, mich jedoch zu der Frage führt, ob wir uns Tinos “Sozialistische Demokratie” als “Nachtwächterstaat” vorzustellen haben.

Ein weiterer Kritikpunkt wäre der m. E. etwas klassen- und geschlechterunspezifische Demokratie-BEGRIFF bei Tino.
Da das Zeichen-Limit schon wieder erreicht ist nur ein Verweis auf eine diesbzgl. gemeinsame Wortmeldung von DGS und mir demnächst (vielleicht auch in diesem Theater, sofern die Redaktion mal eine Mengenbegrenzungsausnahme macht).


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